Herzkreislauferkrankungen sind trotz der schnellen Entwicklung im Bereich der diagnostischen und interventionellen Kardiologie nach wie vor die häufigste Todesursache in den westlichen Industrienationen. In Deutschland erleiden jährlich etwa 280.000 Menschen einen akuten Herzinfarkt. Im Jahr 2009 waren Herzkreislauferkrankungen für 42% der Todesfälle in Deutschland verantwortlich.

Wenn der Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung (KHK) besteht, erfolgt in der Regel eine Herzkatheteruntersuchung, in der unter anderem die Herzkranzgefäße (Koronararterien) dargestellt werden. In den letzten Jahren hat, bedingt durch bessere Gerätetechnik, die Darstellung der Herzkranzgefäße mit Hilfe der Computertomographie (Kardio-CT) enorm an Bedeutung gewonnen. In der Fachwelt wird diese Untersuchungsmethode kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite wird sie als Ersatz des Herzkatheters angepriesen, auf der anderen Seite wird sie aufgrund der hohen Strahlenbelastung als überflüssig dargestellt. Die Wahrheit liegt, wie so häufig im Leben, in der Mitte.

Strahlendosis

Die oftmals kritisierte hohe Strahlenbelastung für Patient*innen entspricht nur bedingt der Wahrheit. Die neueste CT-Generation, zu der das in unserer Klinik verwendete SOMATOM® Drive der Firma Siemens gehört, verwendet zum einen verschiedene Strahlenschutzmechanismen zur Reduktion der Strahlendosis, zum anderen ist aufgrund der hohen Scan-Geschwindigkeit und der 256-Detektorzeilen das gesamte Herz in einem einzigen „Schuss“ darstellbar. Dies hat zu einer bedeutsamen Reduktion der Strahlendosis auf bis zu unter 1 mSV für die komplette Darstellung der Herzgefäße geführt (die natürliche jährliche Strahlendosis liegt in Deutschland bei etwa 2 bis 5 mSV). Die benötigte Strahlendosis liegt somit bei den meisten Patienten in der gleichen Größenordnung wie bei einem Herzkatheter.

Woran liegt es nun, dass vielerorts von einer deutlich höheren Strahlendosis (20 mSV) gesprochen wird? Dies ist darauf zurückzuführen, dass bei älteren Gerätegenerationen und unzureichenden Untersuchungstechniken nach wie vor eine deutlich höhere Strahlendosis benötigt wird.

Bildqualität

Bei älteren Gerätegenerationen mussten Patient*innen zum Teil für 30 Sekunden die Luft anhalten. Wurde nicht ein kompletter Atemstillstand erreicht oder schlug das Herz nicht vollkommen regelmäßig, kam es zu Bildartefakten. Diese machten es teilweise unmöglich, das gesamte Gefäß zu beurteilen.

Mit den aktuellen Geräten ist es nun möglich, das Herz in einem kurzen Atemanhalt (ca. 5 - 10 Sekunden) zu scannen. Die Bildqualität ist auch bei schnellerem Pulsschlag sehr gut. Trotzdem verwenden wir in unserer Klinik häufig einen ß-Blocker zur Senkung der Herzfrequenz. Nur bei einer niedrigen Herzfrequenz (im Idealfall 50-60/min) kann mit einer besonders niedrigen Strahlendosis gearbeitet werden, da ein einzelnes Bild (bzw. korrekterweise ein 3D-Datensatz) ausreicht. Man muss sich dies ähnlich wie beim Fotografieren vorstellen. Je langsamer sich ein Objekt bewegt, desto besser wird mein Foto, d.h. ich brauche nicht „sicherheitshalber“ mehrere Fotos zu schießen, damit sich ein scharfes Bild darunter befindet.

Bei Patient*innen mit Herzrhythmusstörungen wie z.B. Vorhofflimmern ist eine Untersuchung aus diesem Grund häufig nicht möglich, da hier eine wesentlich höhere Strahlendosis erforderlich wäre.

CT ohne Kontrastmittel?

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit des Herz-CT ist eine native Untersuchung, das heißt eine Untersuchung ohne Kontrastmittel. Hierzu wird ebenfalls eine sehr geringe Strahlendosis verwendet (meist unter 1 mSv). In dieser Untersuchung kann allerdings nur der Verkalkungsgrad der Herzgefäße beurteilt werden (der sog. Kalk-Score). Da die Ablagerungen in den Herzgefäßen sowohl aus Kalk als auch aus anderen, „weicheren“ Strukturen bestehen, lässt sich keine Aussage zu einer möglichen Engstelle in den Gefäßen treffen. Diese Kalkmessung wird in erster Linie als Marker zur individuellen Risikoeinschätzung bei nicht-symptomatischen Patienten durchgeführt, welche ein mittleres Risiko für eine koronare Herzerkrankung haben.

Anhand verschiedener Studien wurden Risiko-Scores erstellt, mit denen jeder anhand von Parametern (wie z.B. Nikotinkonsum, Alter, Cholesterinwerte) sein persönliches Risiko, in den nächsten Jahren einen Herzinfarkt zu erleiden, errechnen kann. Diese Risikoberechnung ist natürlich nur sinnvoll, wenn sich daraus eine Konsequenz ergibt.

Bei Personen, die einer niedrigen Risikogruppe angehören, genügt meist eine sogenannte „Lebensstilmodifikation“, welche eine gesunde Ernährung und regelmäßige sportliche Aktivität beinhaltet. Personen, die einer hohen Risikogruppe angehören, sollten ggfs. bereits eine medikamentöse Therapie, meist bestehend aus einem Thrombozytenaggregationshemmer (z.B. ASS 100 mg/d) und einem Cholesterinsenker, erhalten.

Ein Problem bereitet aber die Gruppe der Personen, welche ein mittleres Risiko haben. Das „Kalk-Score“-CT hilft nun, diese Personen mittels der Kalk-Messung der hohen oder niedrigen Risikogruppe zuzuordnen. Hat zum Beispiel eine Person mit einem mittleren Risiko keinen Kalk in der CT-Messung, so ist ihr Risiko für einen Herzinfarkt sehr gering. Wird bei dieser Person ein hoher Kalk-Gehalt gemessen, so ist diese der hohen Risikogruppe zuzuordnen und es sollte ggfs. eine medikamentöse Therapie angestrebt werden.

Kann die Untersuchung ambulant durchgeführt werden?

Unabhängig von einer Kontrastmittelgabe kann die Untersuchung auch ambulant durchgeführt werden. Sollte eine Kontrastmittelgabe erfolgen, benötigen wir lediglich aktuelle Nieren- und Schilddrüsenwerte (nicht älter als 4 Wochen). Sollte bei Ihnen eine Nierenschwäche oder eine Schilddrüsenüberfunktion bekannt sein, sollten Sie sich vorher mit uns in Verbindung setzen. Wir werden Sie dann beraten, ob eine Untersuchung bedenkenlos möglich oder ob eine alternative Untersuchungsmethode günstiger ist.

Was ist nun besser, Kardio-CT, Kardio-MRT oder Herzkatheter?

Alle drei Untersuchungstechniken eignen sich nicht zur Erstdiagnostik. Wenn aufgrund der Beschwerden, der Vorgeschichte und der Risikofaktoren für eine Herzerkrankung eine Erkrankung am Herzen vermutet wird, sind zunächst kardiologische Basisuntersuchungen (EKG, Belastungs-EKG, Echokardiographie) erforderlich. Zur Prüfung, ob eine Indikation für ein Kardio-MRT, Kardio-CT oder einen Herzkatheter besteht, sollten sie auf alle Fälle Ihre Hausärzt*innen oder Kardiolog*innen konsultieren.

MRT, CT und Herzkatheter haben jeweils Stärken und Schwächen, bzw. es werden unterschiedliche physiologische Vorgänge untersucht. Das Herz-MRT ist hervorragend geeignet, Erkrankungen des Herzmuskels (Herzmuskelentzündung, Speichererkrankungen, Herzinfarkt) nachzuweisen. Zudem steht mit der Stress-Untersuchung eine exzellente Methode zur Untersuchung der Herzmuskeldurchblutung bei koronarer Herzerkrankung (KHK) zur Verfügung.

Die Herzgefäße können mit einem MRT nicht in ausreichender Qualität dargestellt werden. Hierfür eignet sich das Kardio-CT.  Der Vorteil des CT gegenüber dem Herzkatheter ist in erster Linie die fehlende Invasivität. Das jodhaltige Kontrastmittel wird über eine kleine Kanüle verabreicht, welche in einer Vene platziert wird. Bei einem Herzkatheter wird das Kontrastmittel direkt vor Ort in das Herzgefäß injiziert, was eine optimale Kontrastierung erlaubt. Sowohl die örtliche als auch die zeitliche Auflösung des Herzkatheters sind dem CT noch überlegen. Auch können Patient*innen mit Herzrhythmusstörungen wie z.B. Vorhofflimmern im CT häufig nicht untersucht werden. Gerade wenn die Herzgefäße stark verkalkt sind, kann dies in der CT zu einer Fehleinschätzung der Engstelle führen. Das Kardio-CT dient in erster Linie dazu, eine Verengung der Herzkranzgefäße auszuschließen und wird bei Patient*innen mit mittlerem Risiko für eine koronare Herzerkrankung durchgeführt.

Ein weiterer unschlagbarer Vorteil des Herzkatheters ist die Möglichkeit, Gefäße unmittelbar aufzudehnen und Gefäßstützen (Stents) zu implantieren.

In vielen Fällen kann ein Kardio-MRT jedoch auch wichtige zusätzliche Informationen zu einem Herzkatheter liefern. Bei der sog. "Vitalitätsdiagnostik" kann die Ausdehnung einer Herzinfarktnarbe dreidimensional dargestellt werden. Anhand dieser "Landkarte" können in der Herzkatheteruntersuchung gezielt die Gefäße behandelt (Aufdehnung, Stent-Implantation) werden, welche noch ausreichend vitales Herzmuskelgewebe versorgen. Das MRT dient in diesem Fall praktisch als Navigationssystem für den Herzkatheter.

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