In vielen Kliniken sind traditionell Kardiologie und Angiologie miteinander verknüpft. Das macht auch Sinn, denn unter Angiologie versteht man im Allgemeinen die Gefäßheilkunde. Während ein wesentlicher Teil der Erkrankungen des Herzen durch Durchblutungsstörungen der herzeigenen Gefäße (Herzkranzgefäße, Koronarien) verursacht wird, beschränken sich Durchblutungsstörungen natürlich nicht allein auf das Herz, sondern können überall im Körper auftreten. Einen besonderen Stellenwert haben dabei diejenigen Gefäße, die das sauerstoffreiche Blut vom Herzen zu den Organen transportieren, die Arterien. Finden sich hier Verengungen, womöglich sogar Verschlüsse, so kann die Durchblutung des jeweiligen Organs wesentlich beeinträchtigt sein.
Die schlimmste Form einer Durchblutungsstörung stellt der völlige und schnelleintretende Durchblutungsausfall eines Organs oder Körperteils (Infarkt) dar. Wir alle haben wahrscheinlich zumindest eine vage Vorstellung davon, wie sich beispielsweise ein Herzinfarkt anfühlen muss: ein plötzlicher, starker Schmerz in der Brustgegend, vielleicht auch eine Schmerzausstrahlung in den linken Arm, Kaltschweißigkeit, Angstgefühle. Plötzlich auftretender Schmerz ist auch das wesentliche Merkmal jeglicher plötzlicher Verschlüsse anderer blutzuführender Gefäße. Ist ein Blutgefäß betroffen, das eine Extremität (Arm oder Bein) versorgt, so beobachtet man begleitend eine auffällige Blässe des Körperteils. Ein solcher plötzlicher Verschluss eines Arm- oder Beingefäßes stellt einen Notfall dar. In der Regel muss das betroffene Gefäß dann sogar gefäßchirurgisch – also in einer Operation – wiedereröffnet werden.
Unter einem Schlaganfall (Apoplex, apoplektischer Insult, Hirninfarkt) versteht man eine akute Durchblutungsstörung des Gehirns, die mit einem teilweisen oder völligen Ausfall einer oder mehrerer Körperfunktionen verbunden ist, beispielsweise dem Auftreten einer Halbseitenlähmung oder dem Verlust des Sprachvermögens. Die Ursache einer solchen Durchblutungsstörung eines Gehirngefäßes liegt häufig in der Verschleppung von Gerinnselmaterial, das sich andernorts in den Gefäßen, etwa auf Gefäßwandablagerungen, gebildet hat und dann mit dem Blutstrom in das Gehirn geschwemmt wird. Der von dem betroffenen Gefäß versorgte Bereich des Gehirns nimmt dann Schaden, wenn keine schnelle Wiedereröffnung vorgenommen wird. Es fällt im schlimmsten Fall dauerhaft diejenige Funktion aus, die von dem betroffenen Gehirngebiet gesteuert war. Auch der Schlaganfall stellt einen Notfall dar, der unverzüglich idealerweise neurologisch oder sogar im Team mit Neuroradiologen oder Neurochirurgen behandelt werden muss.
Nicht ganz so unmittelbar bedrohlich sind Verengungen (sogenannte Stenosen), die eben keinen vollständigen Verschluss darstellen. Das bedeutet jedoch nicht, dass solche Verengungen keine Beschwerden verursachen müssen: Reicht die Durchblutung eines Körperteils etwa noch aus, damit es ohne Weiteres „am Leben erhalten bleibt“, so kann aber unter Belastung des jeweiligen Körperteils die dafür erforderliche Steigerung der Durchblutung nicht mehr Schritt halten. Dieser Mechanismus ist verantwortlich für die sogenannte „Schaufensterkrankheit“ (Claudicatio intermittens): Betrifft eine wesentliche Durchblutungsstörung zum Beispiel ein Bein oder beide Beine, so bestehen häufig in Ruhe (Sitzen oder Stehen) keine Beschwerden. Beim Gehen und dem damit verbundenen Mehrbedarf an Durchblutung kann dieser nicht gedeckt werden. Die entstehende Unterversorgung führt zu Schmerzen, die schließlich nach unterschiedlich langer Gehstrecke zum Stehenbleiben zwingen. Der Schmerz klingt dann ab, und es ist wieder ein Weitergehen möglich, bis erneut Scherz eintritt.
Prinzipiell kann dieses Problem jedes Gefäß, das einem Organ oder einem Körperteil Blut zuführt, betreffen und so die Funktion dieses Organs beeinträchtigt sein (siehe auch Infotext zum Thema „Nierenarterienstenosen“ und „Karotisstenosen“).
Die Behandlungsmethoden der oben beispielhaft beschriebenen Durchblutungsstörungen an Niere, hirnversorgenden Gefäßen und Beinarterien ähneln sich. Überhaupt sind die Behandlungsmethoden eng mit denen verwandt, die auch häufig am Herzen vorgenommen werden: Von der Möglichkeit, „verstopfte“ Gefäße mithilfe eines kleinen Ballons an der verengten Stelle zu weiten und dann eine kleine „Gefäßstütze“ (Stent) einzulegen, hat man wahrscheinlich bereits einmal gehört. Auch in der Angiologie bedient man sich häufig dieser Methode.
Um zur behandlungsbedürftigen Stelle in den verschiedensten Gefäßen zu gelangen, wird in der Regel nach örtlicher Betäubung über einen kleinen Nadeleinstich in eine der beiden Leistenarterien für die Dauer des Eingriffs eine Kanüle (Schleuse) eingelegt, über die alle benötigten Materialien ohne erneutes Einstechen in das Gefäßsystem schmerzfrei eingeschoben werden können.
In vielen Fällen genügt eine alleinige Dehnung der Engstelle mit einem kleinen Ballon, längst nicht immer kommt ein Stent (Gefäßstütze) zum Einsatz. Ob ein Stent eingesetzt werden sollte oder nicht, hängt von mehreren Begleitumständen ab. Liegt etwa eine Gefäßverengung im Bereich der Kniekehle oder der Leiste, so ist eine Stentimplantation eher ungünstig, da ein Stent auf die hier auftretende häufige Biegebelastung nicht ausgelegt ist. Für die Einlage eines Stents entscheidet man sich in der Regel in solchen Fällen, in denen es durch die Dehnung zu „Rissbildungen“ der Gefäßinnenhaut kommt. Dann dient der Stent als zusätzliche Stabilisierung, die die eingerissene Auskleidung der Gefäßinnenwand wieder an die Gefäßwand drückt und das behandelte Gefäß offen hält.
In seltenen Fällen kann eine Einengung einer oder gar beider Nierenarterien zu einer Bluthochdruckerkrankung führen. Die Behandlung einer Verengung eines Nierengefäßes geschieht auf ähnliche Art und Weise wie die Behandlung beispielsweise von Verengungen der Beinarterien. Üblich ist hierbei eine Kombination aus zunächst Dehnung des verengten Gefäßes und dann Einlegen eines Stents. An dieser Stelle muss allerdings betont werden, dass die Behandlungsbedürftigkeit einer Nierenarterienverengung keine sehr häufige Situation ist. Diese Behandlungsmöglichkeit ist nicht dazu geeignet, „die eine lästige Blutdruckpille loszuwerden“, mit der der Bluthochdruck womöglich sogar sehr gut eingestellt ist. Denn in den allermeisten Fällen ist Bluthochdruck Folge einer anderen Ursache oder sogar einer Kombination mehrerer Ursachen, allen voran einer ungesunden Lebensführung mit Übergewicht, Rauchen, übermäßigem Alkoholkonsum und Bewegungsarmut. Nur wenn sich die Nierenarterienverengung als wahrscheinlichste Ursache eines sonst mit mehreren Medikamenten nicht gut einzustellenden Bluthochdrucks herauskristallisiert, sollte über die beschriebene Behandlung nachgedacht werden.
Die Behandlung von stark verengten hirnversorgenden Gefäßen stellt eine gewisse Herausforderung dar. Die Behandlung birgt stets das Risiko, dass während des Einbringens der notwendigen Materialien wie Drähten oder der Gefäßstütze selbst kleine Teile der Gefäßwandablagerungen gelöst und mit dem Blutstrom in das Gehirn eingeschleppt werden, wo sie dann den Verschluss eines Gefäßes und damit einen Schlaganfall auslösen können. Auch eine offene gefäßchirurgische Operation beinhaltet dieses Risiko. Da das Gehirngewebe einen Durchblutungsstopp nur eine sehr kurze Zeit – Sekunden bis wenige Minuten – verträgt, bis es zu dauerhaften Schäden kommt und eine Wiedereröffnung des verschlossenen Gefäßes zwar grundsätzlich möglich, aber häufig nicht innerhalb weniger Minuten zu bewerkstelligen ist, darf eine solche Behandlung nicht leichtfertig durchgeführt werden. In der Regel wird sie erst notwendig, wenn das Risiko, ohne Behandlung einen Schlaganfall zu erleiden, größer ist, als das Risiko, im Rahmen der Prozedur einen Schlaganfall zu bekommen.
Eine sehr elegante Behandlungsmethode stellt hierbei das auch von uns verwendete MOMA-System dar. Hierbei wird bereits im mittleren Halsbereich die Blutzufuhr auf der zu behandelnden Seite durch zwei Ballons vorübergehend unterbunden. Dass es dabei nicht zu einem Schlaganfall kommt, liegt daran, dass ein Stückchen weiter kopfwärts sich das Blut einer Körperseite über eine Art „Kreisverkehr“ auf beide Hirnseiten verteilen kann. Die Versorgung des Gehirns ist so für die recht kurze Behandlungsdauer sichergestellt. Zudem kommt es im zu behandelnden Gefäß sogar zu einer Umkehr des Blutstromes, sodass womöglich gelöstes Ablagerungmaterial nicht in das Gehirn eingeschwemmt werden kann. Am Ende der Behandlung wird dieser „Bodensatz“ dann über den Behandlungskatheter abgezogen. Auch diese Methode ist wie die meisten Prozeduren nicht risikofrei, jedoch ist das Restrisiko ziemlich niedrig.